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Die Reichspogromnacht

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Um die Wehrmacht für den anstehenden Krieg aufzurüsten, werden in Deutschland 1938 jüdische Menschen enteignet und vertrieben. Über Wochen und Monate herrscht Pogromstimmung. Als am 7. November der polnische Jude Herschel Grynszpan einen deutschen Diplomaten in Paris erschießt, weil seine Familie deportiert werden soll, wird die antisemitische Verschwörungs-Lüge verbreitet, Grynszpan habe im Auftrag des „Weltjudentums“ gehandelt, welches das Ziel habe, Deutschland zu vernichten. Der Tod des Diplomaten wird zum Vorwand genommen, jüdische Geschäfte, Synagogen und Jüdinnen und Juden selbst anzugreifen. Die Pogrome der vergangenen Monate werden nun von der Regierung offen geduldet, von SA und SS angeheizt und durchgeführt. 30.000 Jüdinnen und Juden werden in Konzentrationslager deportiert. Schon am 7. November beginnen erste Angriffe von SA und SS auf jüdische Menschen und Einrichtungen. Der Plan, die Bevölkerung so zum Pogrom anzutreiben, hat Erfolg. Die Nacht vom 9. auf den 10. November ist der Höhepunkt dieser Angriffe, die bundesweit zu einer Welle der Vernichtung werden. Die Volksgemeinschaft darf mit Straffreiheit rechnen und Jüdinnen und Juden werden für eine Nacht vogelfrei: die Polizei hat den Befehl, nicht einzuschreiten. SA und SS jagen jüdische Menschen, hunderte werden in der Nacht ermordet, viele begehen Selbstmord, um den Nationalsozialist*innen zu entgehen. Über 1400 Synagogen und Betstuben, tausende Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe werden zerstört.
Schätzungen zufolge sterben bei den Novemberpogromen insgesamt bis zu 2000 Jüdinnen und Juden. Die Pogrome gelten damit als Übergang von der alltäglichen Diskriminierung hin zur systematischen Unterdrückung von jüdischen Menschen in Deutschland. Drei Jahre später beginnt der Holocaust: die Vertreibung wird zur systematischen Massenvernichtung. Die Pogromnacht ist für viele Jüdinnen und Juden das entscheidende Signal, in Deutschland nicht mehr in Frieden leben zu können. Wer kann, versucht zu fliehen. Neben dem Hauptziel, die Enteignung jüdischer Menschen zu beschleunigen, haben die Nationalsozialist*innen auch mit einem zweiten Ziel Erfolg: die Gesellschaft wird zur mörderischen Volksgemeinschaft zusammengeschweißt. Beschönigend wird die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zunächst Reichskristallnacht genannt, ehe ab Ende der 1980er Jahre zunehmend von Reichspogromnacht gesprochen wird.

Ein in der Reichspogromnacht zerstörtes jüdisches Geschäft in Magdeburg | Bundesarchiv, Bild 146-1970-083-44 / Friedrich, H. / CC-BY-SA 3.0 DE